In der griechischen Mythologie ist Circe die Tochter des Sonnengottes Helios und der Okeanide Perse, die Schwester des Königs Aietes von Kolchis und der Pasiphaë, Tante der Medea – und eine Zauberin.
Und wie lautete dieser Gedanke? Dass mein ganzes Leben bisher aus trüben und tiefen Wassern bestanden hatte, aber dass ich nicht Teil dieser dunklen Fluten war. Ich war ein Geschöpf, das darin lebte.
S. 33
In der Erzählung von Madeline Miller ist sie vor allem eins: anders als ihre Geschwister. Ihre Stimme gleicht der einer Sterblichen, für die sie viel Empathie und Neugier empfindet, sie widersetzt sich dem Willen ihres Vaters und stellt vieles infrage. Diese Eigenschaften sorgen letzten Endes für ihre Verbannung auf die abgelegene Insel Aiaia. Dort studiert sie die Magie der Pflanzen, zähmt sämtliche Tiere der Insel und entwickelt ihre Fähigkeiten als Zauberin. Ich bin Circe erzählt davon, wie Circe zu der wird, die sie ist, von Abenteuern und Herausforderungen, vom Leid und vom Lernen.
Die Themen
Zunächst einmal greift das Buch die ganz großen Themen auf: das Erwachsenwerden, die Liebe, das Sich-Emanzipieren – aber auch die Gegensätze zwischen Ver- und Misstrauen, Gut und Böse, göttlichen Wesen und Sterblichen. Darüber hinaus wird aus der Sicht von Circe erzählt, und der Fokus liegt klar auf der Entwicklung und Emanzipierung der Figur. Mit dem Roman wird versucht, alten Stoff neu zu erzählen, und zwar aus feministischer Sicht, mit deutlicher Kritik am Patriarchat.
Der Schreibstil
Wie hatte ich mich auf Ich bin Circe gefreut. Ich bin nicht nur ein großer Fan mythologischer Erzählstoffe, sondern hatte ich über Bookstagram auch viel Positives über das Buch gelesen. Doch hat mich das Buch stark enttäuscht. Nicht nur wegen einer klischeehaften Schreibe, sondern auch wegen der großen stilistischen Brüche.
Der Gestank und die Bedeutungsschwere des Blutes lasteten immer noch auf mir, doch endlich stieß ich auf einen Teich, kalt und klar, gespeist von eisigem Schmelzwasser.
S. 169
Lange Sätze voller Adjektive und einem Ausdruck, für den mir nur das Wort schwülstig einfällt, treffen auf Sätze wie diese:
Sie senkte die Stimme. „Ich glaube, Daidalos würde dich blitzschnell flachlegen.“
S. 190
Mich lenkten diese Gegensätze im Stil sehr stark von der Geschichte ab. Auch Sätze wie „sie haben eben nur die Wahl zwischen Pest und Cholera“ (S. 180) – eine Redewendung, die Jahrhunderte entfernt ist vom Stoff der Geschichte – kamen mir beim Lesen deplatziert vor. Mich hat das Buch nicht überzeugt.
Die Leseprobe
auf Englisch gibt es von der Autorin selbst:
Die Autorin
Madeline Miller wurde am 24. Juli 1978 in Boston geboren und wuchs in New York City und Philadelphia auf. Nach ihrem Bachelor-Abschluss an der Brown University und einem Master in Klassischer Philologie unterrichtete Miller fünfzehn Jahre lang an Highschools Latein, Griechisch und Shakespeare. Außerdem studierte sie ein Jahr lang am Committee on Social Thought der University of Chicago, um zu promovieren, und von 2009 bis 2010 an der Yale School of Drama, um einen MFA in Dramaturgie und Dramakritik zu erwerben. Seit Mai 2012 lebt Miller in Cambridge in Massachusetts, wo sie lehrt und schreibt. Einem Reporter von The Guardian erzählte Miller, dass David Mitchell, Lorrie Moore, Anne Carson und Vergil zu ihren Einflüssen gehören.
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