Erleben Sie, wie Mut klingt, wie tapfer es ist, sich auf diese Weise zu offenbaren. Doch vor allem erleben Sie, was es heißt, weiterzuleben und die Leben anderer Menschen tief zu berühren, nachdem man tot ist, und zwar mit Worten.
S. 17
Paul Kalanithi wächst in einer Arzt-Familie auf, in einer Kleinstadt in Arizona, und hat wenig mit Medizin am Hut. Schriftsteller wollte er werden, er, der eine große Liebe zur Literatur empfindet. Nach der Schule beginnt er, englische Literatur zu studieren, bis ein Buch sein Leben verändert: Satan, seine Psychotherapie und Heilung von Jeremy Leven, das ihn dazu veranlasst, zusätzlich zu den Literaturseminaren auch Veranstaltungen in Biologie und Neurowissenschaften zu belegen. Durch die Beschäftigung mit den großen Fragen des Lebens, vor allem der nach dem Sinn des Lebens, wird Paul schließlich Arzt und beginnt, als Assistenzarzt in der Neurochirurgie zu arbeiten. Er ist mit Lucy verheiratet, sehr erfolgreicher Arzt – und erhält schließlich, mit nur 36 Jahren, eine niederschmetternde Diagnose: Lungenkrebs. Es ist eine schwere Form, die bereits weit gestreut ist. In den letzten zwei Jahren seines Lebens, kurz nach der Diagnose, beginnt Paul zu schreiben. Über sich, über seine Erkrankung, über seinen Lebensweg, über die Entscheidungen, die er im Leben getroffen hat und die ihn dorthin brachten, wo er jetzt war. Und er widmet das Buch seiner Tochter.
Die Themen
Bevor ich jetzt gehe ist ein New-York-Times-Bestseller, ein Spiegel-Bestseller und als Autobiografie ein sehr persönliches Buch. Was ist der Sinn des Lebens? Möchte ich ihn studieren? Oder lieber erleben? Suche ich nach einem Beruf? Oder nach einer Berufung? Paul Kalanithi beschäftigt sich mit den ganz großen Fragen des Lebens. Mit dem Leben selbst. Mit dem Tod. Damit, was es bedeutet, Mediziner zu sein. Und was es bedeutet, Patient zu sein. Er zeigt, wie man mit seinem Leben im Angesicht des Todes umgehen kann, nämlich voller Hoffnung, Dankbarkeit und Liebe. Es gibt aber auch allen, die nicht im medizinischen Bereich arbeiten, einen Einblick, wie der Alltag von Ärzten und medizinischem Personal aussieht. Dieser ist geprägt von Überstunden, Druck, Entscheidungen über Leben und Tod und kaum Zeit für ein Privatleben.
Der Schreibstil
Das Buch besteht aus fünf Teilen: Dem Vorwort von Abraham Verghese, Prolog, Teil I (Der Arzt), Teil II (Der Patient) und dem Nachwort von Lucy Kalanithi. Erwartungsgemäß sind Vor- und Nachwort sehr emotional, während die Teile, den Paul Kalanithi selbst geschrieben hat, erstauntlich unemotional ausfallen. Damit wurde meine persönliche Erwartung an den Text, der ja seiner Tochter gewidmet ist, nicht erfüllt. Doch liegt das wohl an der deutschen Ausgabe des Textes, der im Original keinen Untertitel wie Die letzten Worte eines Arztes an seine Tochter aufweist. Der Untertitel erweckte bei mir die Erwartung einer persönlichen Geschichte, einer Art Brief an seine Tochter, in dem er mehr über sie und seine Beziehung zur Mutter erzählt. Doch das ist dieses Buch nicht. Das Buch erzählt die Geschichte von Paul, dem Arzt und dem Patienten, und wie er zu dem wurde, was er war. Der Text ist klar geschrieben, nicht pathetisch, verweist aber auf einige Texte anderer Schriftsteller, beispielsweise auf die Bibel oder auf Baron Brooke Fulke Greville. Dabei ist es gut geschrieben, und schafft es, den Leser selbst zum Nachdenken über das Leben zu bringen, darüber, wie wir selbst unsere Zeit verbringen.
Die Leseprobe
gibt es hier: 🔗 Leseprobe Bevor ich jetzt gehe
Der Autor
Dr. Paul Sudhir Arul Kalanithi (1977-2015) war Neurochirurg. Nachdem er englische Literatur, Humanbiologie, Geschichte sowie Wissenschafts- und Medizinphilosophie studierte, ging er bis 2007 zur Yale School of Medicine. Während seines Medizinstudiums lernte er Lucy Goddard kennen, die er später heiratete und mit der er eine Tochter hatte. Sechs Jahre nach seinem Abschluss, als Kalanithi als Assistenzarzt tätig war, wurde bei ihm Lungenkrebs diagnostiziert. Zwei Jahre später starb er an den Folgen der Krankheit. Durch seine Liebe zur Literatur und seinen Wunsch, Schriftsteller zu werden, entschied er sich, in diesen zwei Jahren über seine Erkrankung zu schreiben, über sein Leben als Arzt und Patient.
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